In
einem Sonderposten-Markt in Erfurt, meine Liebste ackert durch die
Regale auf der Suche nach wer weiß was und ich schiebe den
Einkaufswagen gelangweilt durch die Regalreihen. Plötzlich bleibe
ich vor einer Gitterpalette stehen und mir kommt da so ein Gedanke. Die
netten, kleinen Schachteln in der Gitterpalette, als Geschenkschachtel
für eine Flasche guten Weines oder so etwas gedacht, geben doch
ein hübsches Gehäuse für einen kleinen Verstärker
ab. Die Ausführung ist mechanisch einwandfrei, das aufgeklebte
Bild ist etwas unsauber aufgeklebt, aber das stört nicht weiter.
Und für 2,99 EURO kann man eigentlich nichts falsch machen. Also
packe ich mal so eine Kiste ein.
Als nächstes kommt eine Bestandsschau in den
diverslichen
Bastelkisten. Da liegt noch ein kompletter Bauteilesatz für einen
Stereoverstärker mit zwei Verbundröhren ECL 82 oder PCL
82. Andererseits liegen da auch noch ein paar ECL 86 rum und ein
bischen mehr Leistung kann ja auch nicht schaden. Aber da habe ich
keine passenden Ausgangsübertrager. Ob die ECL 86 auch mit dem
AÜ6 von Bürklin kann? Ich werde einen Versuch wagen und
bestelle schon mal beim Elektronikversender meines Vertrauens die
nötigen Bauteile.
Netzteil brauchen wir auch. In der Bastelkiste liegt
noch ein Netztrafo
von einem TK14L. Also mal eine kurze Versuchsschaltung
zusammengelötet, bestehend aus einer Greatz-Brücke, drei
Elkos und zwei Widerständen. Am Oszillograph zeigt sich bei knapp
100 mA Belastung ein Restbrumm von ganzen fünf Milivolt. Das
sollte allemal für einen SE-Verstärker reichen. Allerdings
habe ich jetzt nur noch 195 Volt am Ausgang. Das wiederum ist so
ziemlich genau die Spannung, mit der der ECL 82-Amp von Hans
Borngräber läuft. Also doch wieder ein ECL 82 Verstärker.
Nun geht es ans Probeeinräumen der Kiste. Die
beiden AÜ 6
passen saugend in die Kiste. Der Netztrafo mit seinem M 65-Kern kommt
in die andere Ecke. Und dazwischen bleibt so viel Raum, dass eigentlich
alle anderen Bauteile reinpassen sollten. Irgendwo findet sich noch ein
Stück Alu-Blech und ich kann mit der Mechanik beginnen. Zuerst mal
die Ausgangsübertrager, die brauchen schließlich den meisten
Platz. Am anderen Ende platziere ich den Netztrafo. Schwieriger
gestaltet sich das Design für die Elkos. Nach drei vergeblichen
Versuchen auf Lötösenleisten krame ich mir einen Rest
Leiterplattenmaterial hervor und fräse mir eine kleine
Trägerplatine. Die Siebwiderstände werden ihren Platz auf dem
Chassis-Blech oberhalb finden, denn sie entwickeln doch ein
beachtliches Wärmepotential. Ein weiterer Vorteil der
Trägerplatine - ich kann die Elkos so weit versenken, dass der
Deckel wieder zu geht. Von außen wird man der Bottel-Box
nicht ansehen, was in ihr steckt, zumindest wenn ich noch eine passende
Ecke für die Anschlußbuchsen finde.
Das
Netzteil
Schaltplan des Netzteils
Nach diesen ersten
Versuchen mache ich mich zunächst einmal an die mechanische
Arbeit. Beim Probeaufbau des
Netzteiles zeigte sich, dass die beiden Widerstände doch einiges
an Wärme produzieren. Von daher entschließe ich mich, die
Grundplatte gleich als Teil der Kühlung für die
Widerstände zu nutzen. Und da dazu die
Widerstände oben auf die Montageplatte müssen, besteht wieder
mal die Notwendigkeit, einen Berührungsschutz für die
Anschlußdrähte zu bauen. Zunächst einmal biege ich eine
Befestigungsschelle. Anschließend erweitere ich dir um ein
Abdeckblech, welches wiederum durch zwei Kühlflügel
erweitert wird.
Das Netzteil selbst bietet keine nennenswerten Überraschungen. Die
Anodenspannung wird mit einem B500C1500 gleichgerichtet. Der Ladeelko
hat eine Kapazität von 220 myF bei 450 V. Ihm folgt ein Widerstand
270 Ohm, 9 Watt, an den sich ein weiterer Elko mit 220 myF bei 250 Volt
anschließt. Eine zweite Siebkette besteht wiederum aus einem
Widerstand 270 Ohm, 9 Watt und einem abschließenden Elko von 470
myF bei 200 Volt. Die Elkos wurden dabei gemeinsam mit der
Graetzbrücke auf eine kleine Trägerplatine gelötet, die
die folgenden beiden Bilder zeigen.
Und
weil ich nun einmal angefangen hatte, die sichtbaren, mechanischen
Teile mit Goldbronze zu behandeln, werden auch die Elkos einen solchen
Anstrich erhalten. Vorerst aber kämpfe ich noch mit der Plaste,
auf der so gar kein Lack halten will. Mal sehen, wer hartnäckiger
ist.
Die
Grundplatte
Dieses Bild zeigt die
mechanisch bearbeitete Grundplatte während der Lackierung. Ich
habe mich für eine Lackierung mit Granit-Effektlack entschieden.
Denn irgendwie scheint mir eine glänzende Lackierung nicht so
recht
zu dem Gehäuse zu passen. Gemeinsam mit den goldbronzen lackierten
Teilen gibt das einen guten Kontrast.
Der
Aufbau
Wieder ein paar Tage weiter ...
Nachdem endlich der Lack trocken war, ging es daran, alle Teile
auf der Grundplatte zu montieren. Schließlich wollte ich endlich
mal sehen, wie die ganze Konstruktion so aussieht. Hier zeige ich mal
ein Foto von diesem Stadium. Und weil auf meinem Arbeitstisch immer
eine progressive Unordnung herrscht, habe ich die per Grafikproggi aus
dem Bild ausgeschnitten ;-)
Wie man auf
dem obigen Bild unschwer erkennen kann, stecken auch schon die
Röhrchen. Das hat natürlich seinen Grund, denn die
Röhrenheizung ist inzwischen angeschlossen und das große
Probeheizen fand statt. Dabei habe ich mal getestet, wie warm die
Umgebung der Röhren wird und wie sich der Lack verhält.
Erfreulicherweise erwärmten sich die Röhrensockel längst
nicht so sehr wie bei meinem ersten Versuchsverstärker und meine
Sorge um einen Farbabbrand scheint unbegründet.
Aus Erfahrung klug - ein weiterer Test galt dann der Brummeinstreuung
des Netztrafos in die Ausgangsübertrager. Dazu habe ich einfach an
die Sekundärseiten der Ausgangsübertrager Lautsprecher
angeschlossen und dann am Netztrafo die Netzspannung angelegt. Und
damit der Netztrafo auch etwas Last hat, mußte die
Heizspannungswicklung mit den beiden Röhren belastet werden.
Diesmal hatte ich jedoch die Trafos gleich so montiert, dass keine
Brummeinstreuung auftritt.
Der nächste Arbeitsschritt war dann die Verdrahtung der
Anodenspannungserzeugung. Dabei gab es erwartungsgemäß keine
größeren Probleme. Allerdings muß ich beim weiteren
Aufbau darauf achten, dass die Grundlast stets an die Anodenspannung
angeschlossen bleibt. Ansonsten steigt die Spannung am Ausgang
über 200 Volt und das dürfte dem letzten Elko nicht unbedingt
bekommen. Der ist nämlich nur für 200 Volt spezifiziert.
Derzeit dienen mir zwei parallel geschaltete 4,7 kOhm-Widerstände
als Last. Dabei erreiche ich am letzten Siebelko etwa 195 Volt. Und bei
dieser Belastung liegt der Restbrumm unter 10 mV, damit kann ich erst
einmal leben.
Weiterbasteln bis zum
Probehören
Es dauerte ein paar Tage, ehe ich
wieder in den Bastelkeller kam. Auf die erste Lötösenleiste
kamen noch zwei weitere. Das ist nicht gerade servicefreundlich, der
vorhandene Platz ließ aber keine andere Lösung zu. Mit ein
wenig Bangen dachte ich an eine eventuelle Fehlersuche.
Erwartungsgemäß gab es aber keinerlei Probleme mit dieser
erprobten Schaltung. Und so konnte ich das Chassis in der ersten
Januarwoche 2006 endlich mal aus dem Bastelkeller mit in die Wohnung
nehmen und probehören. Genial, plötzlich gab es auch
Bässe. Was so ein vernünftiger Ausgangsübertrager doch
ausmacht. Kein Vergleich zu den beiden 100-V-Trafos aus dem experimental 1.
Und bei auf Masse gelegter Eingangsspannung hört man aus den
Lautsprechern nur ein leises Bitzeln, dass ich noch nicht näher
erforscht habe. Ich denke allerdings, dass ich da auch nicht groß
weiter forschen werde, denn es ist wirklich nur dann zu hören,
wenn man mit den Ohren in unmittelbare Nähe der Boxen kommt. Ich
bin jedenfalls erst einmal begeistert. Jetzt geht es an die finale
Gehäusebearbeitung. Zuvor aber noch ein Bild vom vollständig
aufgebautem Verstärkerchaassis beim Probehören.
Das
Finale
Samstag, 14.01.2006 - endlich
sind alle Teile zur großen Vereinigung mit dem Gehäuse
fertig bearbeitet. Mit einiger Freude baue ich das Chassis in die
kleine Flaschenkiste und es passt. Gegen Mittag dann ist alles fertig
und ein erster Test auf "Ehefrauenverträglichkeit" findet statt.
Bei dieser Gelegenheit schließe ich an den Bottle-Box-Amp
erstmalig meine k23-profil Boxen an. Wow, das ist ein Sound! Ich bin
zugegebenermaßenb recht erstaunt, was der kleine ECL 82
Verstärker mit diesen Boxen für einen Krach machen kann.